Hamburg-Wandsbek

Mit einem Transport aus dem Konzentrationslager Ravensbrück kamen im Juni 1944 knapp 500 Frauen zur Zwangsarbeit nach Hamburg-Wandsbek. Das Lager unterstand zunächst bis zum 31.8.1944 dem KZ Ravensbrück. Im Zuge einer Neuzuordnung der Frauenaußenlager wurde es ab dem 1.9.1944 dem KZ Neuengamme unterstellt.

Ende September folgte eine weitere kleinere Gruppe von Frauen. Für die Unterbringung der Häftlinge waren im Frühjahr 1944 auf dem Werksgelände der Hamburger Außenstelle der Drägerwerk AG in Lübeck in der Ahrensburger Straße 162 drei Baracken errichtet worden. Die Frauen kamen zum größten Teil aus Polen und der Sowjetunion, aber auch Sloweninnen, Französinnen, Belgierinnen, Niederländerinnen, Deutsche und Tschechinnen waren unter ihnen. Sie wurden in der Gasmaskenproduktion im Rahmen des Brandt-Geräte-Programms der Hamburger Drägerwerke sowie in den letzten Kriegswochen nach Bombenangriffen zu Aufräumarbeiten im Hamburger Stadtgebiet eingesetzt. Im März 1945 unternahmen die Drägerwerke Versuche, wie lange Menschen in einem gasdichten Luftschutzraum ohne Belüftungsanlage überleben können. Für diese Versuche wurden Häftlinge des Außenlagers Wandsbek in Luftschutzbunker in verschiedenen Hamburger Stadtteilen gebracht.

Im April 1945 erreichten weitere Frauen aus dem Außenlager Helmstedt-Beendorf das Lager Hamburg-Wandsbek. Einige von ihnen wurden kurz vor Kriegsende in das Außenlager Hamburg-Eidelstedt gebracht, wo britische Soldaten sie am 5. Mai 1945 befreiten. Die meisten Frauen aus dem Lager in Wandsbek wurden durch das Schwedische Rote Kreuz gerettet, das sie am 1. Mai 1945 mit einem Zug von Hamburg nach Padborg in Dänemark und von dort weiter nach Schweden brachte.

Leiter des Frauenaußenlagers Hamburg-Wandsbek waren SS-Unterscharführer Johannes Heinrich Steenbock, zwischendurch der SS-Untersturmführer Max Kierstein, später der von der Wehrmacht in den KZ-Dienst überstellte Friedrich Wilhelm Hinz. 

Zeitraum

8. Juni 1944 bis 30. April 1945

Anzahl der Häftlinge

550 Weibliche Gefangene

Art der Arbeit

Produktion von Gasmasken (im Rahmen des Brandt-Geräte-Programms)

Auftraggeber

Drägerwerk AG Lübeck

Ort

Wegbeschreibung

Schwarze Tafel und Zugang zur Gedenkstätte am Rande der Wohnanlage:
Ahrensburger Straße 162
22045 Hamburg

Zugang zur städtischen Gedenkstätte über den Wandse-Wanderweg oder über die Nordmarkstraße gegenüber der Hausnummer 30.

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Ab S Bahnstation Rahlstedt oder U Bahnstation Wandsbek-Markt mit Bus 9 bis zur Haltestelle „Tonndorf“ (Nordmarkstraße).

Gedenkstätte

Nach dem Krieg wurden die Baracken abgerissen und Produktionshallen, unter anderem für die Firma Agfa-Gevaert, errichtet. Am Eingang zum Firmengelände ließ die Kulturbehörde im Mai 1988 auf Initiative von Studierenden der Universität Hamburg und der „Antifaschistischen Initiative Wandsbek“ eine Tafel aus dem Programm »Stätten der Verfolgung und des Widerstandes 1933–1945« anbringen. Der für die Tafel vorgesehene Text war Gegenstand einer Auseinandersetzung, da die Drägerwerke die Misshandlungen der Häftlinge sowie die Art der Arbeit und die Unterbringung zunächst nicht erwähnt wissen wollte.

Nach Aufgabe der gewerblichen Nutzung entstand 2004/05 auf dem Gelände die Wohnsiedlung »An der Rahlau«. Gemäß einer entsprechenden Auflage des Bezirksamts Wandsbek schuf der Bauträger unter Einbeziehung von Zaunpfählen und eines erhaltenen Waschtrogs eine kleine Gedenkanlage. Die Ausführung und fehlende Wegweisung riefen öffentliche Kritik hervor, die 2007 zu einer ersten Überarbeitung führte.

Um einen öffentlichen Zugang zu gewährleisten, entstand im Jahr 2010 direkt neben dem ehemaligen Lagergeländes auf öffentlichem Grund eine neue erweiterte Gedenkstätte. Mit ihrer Grundform eines gleichschenkeligen Dreiecks nimmt die Gedenkstätte Bezug auf die Winkel, mit denen die SS die KZ-Häftlinge an ihrer Kleidung nach den vermeintlichen Haftgründen kennzeichnete. Die Namen der im KZ Drägerwerk inhaftierten Frauen sind auf sechs Granitsteindreiecken zu lesen. Das Mahnmal, das zwei ineinander verwobene und in Ketten gelegte Dreiecke zeigt, wurde im Rahmen eines Kunstkurses am Charlotte-Paulsen-Gymnasium von zwei Schülerinnen entworfen. 

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