Porta-Westfalica-Lerbeck

Im September 1944 entstand das zweite Neuengammer KZ-Außenlager in Lerbeck an der Porta Westfalica. Die Häftlinge wurden zur Zwangsarbeit in einem Frontreparaturwerk der Luftwaffe eingesetzt.

Das Gelände eines Betonwerks war für die Aufnahme eines Frontreparaturwerks für BMW-Flugzeugmotoren beschlagnahmt worden, welches aus Utrecht nach Lerbeck verlegt werden sollte. Betreiber des Werkes war die Firma Klöckner Flugmotorenbau, als Tarnname wurde der Name des leitenden Ingenieurs eingetragen. Die Firma erhielt so den Namen Bense & Co.

Die Arbeitsstätte zum Aufbau der Flugzeugmotorenprüfstände und zum späteren Betrieb des Frontreparaturwerks befand sich auf dem Gelände des Betonwerks in der Gemeinde Lerbeck. Die Häftlinge wurden gegenüber des Betonwerks, in ehemaligen Reichswehrbaracken auf dem Gemeindegebiet von Neesen untergebracht. Insgesamt waren in Lerbeck ungefähr 500 Häftlinge inhaftiert, im Rahmen einer Lagerstärkemeldung im März 1945 wurde die Häftlingsanzahl mit 469 angegeben.

Der Arbeitsalltag war von einem ständigen Mangel an Ersatzteilen bestimmt, eine produktive Arbeit des Frontreparaturwerks war im Winter 1944/1945 nicht mehr möglich. Auch im Lager Lerbeck mussten die Häftlinge schwere Misshandlungen durch Funktionshäftlinge, Wachmannschaften und SS erdulden. Zahlreiche Männer kamen ums Leben; die Toten wurden auf dem Lerbecker Gemeindefriedhof bestattet. Nach dem Krieg fand man dort die sterblichen Überreste von 34 Männern in unmarkierten Reihengräbern. Einige Toten wurden exhumiert und in ihre Heimatländer überführt, die weiteren im Anschluss an die Exhumierungsarbeiten in Einzelgräbern auf dem Friedhofsgelände beigesetzt.

Am 1. April 1945 wurde das Außenlager Lerbeck geräumt. In verschiedenen Transporten gelangten die Häftlinge über die Außenlager Schandelah, Fallersleben und Helmstedt-Beendorf in das Auffanglager Wöbbelin, wo sie Mitte April eintrafen. Am 2. Mai wurden sie dort von US-amerikanischen Truppen befreit.

SS-Standortleiter für die drei Außenlager an der Porta Westfalica war der SS-Obersturmführer Hermann Wicklein, Lagerführer für Lerbeck war zunächst SS-Unterscharführer Heinz Rast, später wurde er durch SS-Oberscharführer Richard Emanuel Eichler abgelöst.

Zeitraum

September 1944 bis 1. April 1945

Anzahl der Häftlinge

500 Männliche Gefangene

Art der Arbeit

Flugzeugmotorenreparatur

Auftraggeber

Klöckner Flugmotorenbau (Tarnname Bense & Co.)

Ort

Wegbeschreibung

Mahnmal Hausberge:
Kirchsiek, Ecke Hauptstraße
32457 Porta Westfalica

Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde Lerbeck:
Lerbecker Kirchweg
32457 Porta Westfalica

Gedenkstätte

Die im Außenlager Lerbeck umgekommenen Häftlinge wurden auf dem evangelischen Friedhof am Lerbecker Kirchweg bestattet. Ein Gedenkstein erinnert „an unbekannte KZ-Häftlinge“.

Die Reichswehrbaracken, in denen die Häftlinge untergebracht waren, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen und das Gelände mit mehreren Industriegebäuden überbaut. Das Betonwerk wechselte nach Kriegsende mehrfach den Besitzer, ist heute aber immer noch in Betrieb.

In den 1980er-Jahren gab es erste Anstrengungen von Wissenschaftlern, Schülergruppen und Initiativen, die Geschichte der Außenlager des KZ Neuengamme an der Porta Westfalica aufzuarbeiten und öffentlich zugänglich zu machen. Auf der Basis ihrer Arbeit beschloss der Rat der Stadt Porta Westfalica nach langen Diskussionen die Erstellung eines Mahnmals am Grünen Markt in Hausberge, welches 1992 eingeweiht wurde.

Erst 2009 wurde der Verein KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e.V. von Einzelpersonen, Organisationen und Institutionen gegründet, um die Geschichte des Nationalsozialismus und der Außenlager des KZ Neuengamme an der Porta Westfalica aufzuarbeiten und langfristig eine Gedenkstätte aufzubauen. Die Stollenanlage im Jakobsberg, die ehemalige Untertageverlagerung Dachs 1, steht im Mittelpunkt der Gedenkstättenentwicklung. Sie ist in ihrem Erhaltungszustand einzigartig in Nordwestdeutschland. Aktuell kann die Anlage von April bis Juli im Rahmen von Führungen besichtigt werden, eine Voranmeldung über die Website der KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte ist hierfür erforderlich. Oberirdische Rundgänge auf den 2014 eingeweihten „Wegen des Erinnerns, Gegen das Vergessen“ werden ebenfalls angeboten.

Eine erste Ausstellung soll 2023 in unmittelbarer Nähe des Kaiserhof-Geländes eröffnen, auf dem 1944 das erste der drei Außenlager an der Porta entstanden ist. Teil der Ausstellung wird eine Vernetzung und Sichtbarmachung der verschiedenen Lagerstandorte im Stadtbild Porta Westfalicas durch dezentrale Ausstellungstafeln sein.

Kontakt

KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e.V.
Kempstraße 1
32457 Porta Westfalica

Email: info@gedenkstaette-porta.de
Homepage: www.gedenkstaette-porta.de