19.02.2019 Ausstellung

Ausstellung "Geraubte Kinder – vergessene Opfer"

Im Zweiten Weltkrieg wurden Zehntausende Kinder aus Polen, Slowenien, Tschechien und anderen besetzten Ländern Europas von den Nationalsozialisten ihren Familien entrissen und verschleppt. Sie sollten aufgrund ihres „arischen“ Aussehens in Deutschland in Pflegefamilien, Heimen und Lagern "zwangsgermanisiert" werden. Nicht selten fanden diese Kinder ihren Weg nicht wieder zurück zu ihren Familien oder entfremdeten sich derart, dass ein Leben wie vor dem Raub nicht mehr möglich war. Mit diesem in der Allgemeinheit eher unbekannten Verbrechen der Nationalsozialisten beschäftigt sich die Wanderausstellung „Geraubte Kinder – vergessen Opfer“, die seit dem 16. Februar in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu sehen ist.

Systematische Zwangs-Germanisierungen waren im Nationalsozialismus ein Mittel der Machtpolitik und standen im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen "Lebensraum-Ideologie", in der einzelne Regionen v.a. in Osteuropa "eingedeutscht" werden sollten. Dieser rassistisch motivierte Antislawismus führte im Zweiten Weltkrieg bis zu Massendeportationen und Mordaktionen in den besetzten Gebieten.

Zur Ausstellungseröffnung am vergangenen Samstag kamen zahlreiche Besucherinnen und Besucher, darunter auch Alexander Orlow und Folker Heinecke, die beide als Kinder entführt wurden und in deutschen Pflegefamilien aufwuchsen. Auch ihre Schicksale werden in der Ausstellung des Vereins "Geraubte Kinder – vergessen Opfer e.V." erzählt. Eröffnet wurde die Ausstellung mit einem Vortrag von Christoph Schwarz (Vorsitzender des Vereins "Geraubte Kinder – vergessen Opfer e.V."). Er interviewte 30 Zeitzeugen aus ganz Europa und suchte in Archiven nach Spuren der mindestens 50.000 Kinder, die von Deutschen in den besetzten Ländern von ihren Eltern weggenommen und nach Deutschland gebracht wurden.

Nach dem Vortrag, der durch einen Kurzfilm ergänzt wurde, kam Bettina Grundmann-Horst zu Wort. Sie ist Enkelin eines ehemaligen Häftlings des KZ Neuengamme und Tochter von Janina Kunsztowicz, die als Kind aus ihrer Familie verschleppt wurde und lange für die Anerkennung ihres Schicksals gekämpft hat. Eindrucksvoll berichtete die Tochter von den Folgen dieses Schicksals auf die gesamte Familie bis heute. Im Anschluss an die Eröffnung bot die KZ-Gedenkstätte den Gästen die Möglichkeit, sich die Ausstellung anzuschauen und sich untereinander auszutauschen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 19. März 2019 im Foyer der Hauptausstellung in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu den Öffnungszeiten der Gedenkstätte zu sehen.

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