07.07.2015 Zeitzeugengespräch, Bericht

„Durchgemogelt“. Ein Bericht über das Zeitzeugengespräch mit Peter Petersen am 7. Juli 2015

Der Deserteur Peter Petersen hat eine beeindruckende Lebensgeschichte hinter sich – und gibt sie gerne an die junge Generation weiter. Heute hatten wir die Chance, seinen Erzählungen zuzuhören und eigene Fragen zu stellen.

Der Hamburger wurde 1923 auf St. Pauli geboren. Seine kritische Position zum Nationalsozialismus wurde durch seinen Vater geprägt, der Hitlers „Mein Kampf“ gelesen hatte und deswegen wusste, worauf Deutschland zusteuerte.  

1942 wird Petersen – gerade einmal 19 Jahre alt – eingezogen. Er will zwei Dinge: überleben und niemals die Waffe benutzen müssen.  Einmal etwa, als die Wehrmacht Zauberkünstler sucht, behauptet er, er könne es machen, lernt zuhause in wenigen Wochen die Tricks und ist dabei so überzeugend, dass er zunächst vom Einsatz an der Front verschont bleibt. Doch kurz vor Kriegsende – er ist gerade bei der Luftwaffe in Berlin – wird er zu den Fallschirmjägern strafversetzt – er hatte einem Vorgesetzten, der angetrunken ein Hitlerporträt zerschossen hatte, geholfen, die „Tat“ zu vertuschen. Petersen weiß, der Dienst als Fallschirmjäger ist ein „Himmelfahrtskommando“, der Krieg so oder so verloren.  Am Bahnhof dann steigt er – anstatt, wie angeordnet, zur Fallschirmjägerkompanie zu fahren – in einen Zug nach Hamburg, wo er sich zu seinen Eltern durchkämpft. Dabei muss Petersen sehr vorsichtig sein, denn die „Kettenhunde“ – Wehrmachtspolizisten – machen an Bahnhöfen Jagd auf Deserteure, denen bei Entdeckung die Hinrichtung droht. Die letzten Kriegstage verbringt er bei seinen Eltern im häuslichen Hühnerstall, bis die britischen Truppen in Hamburg einrücken.

Peter Petersen ist ein ungewöhnlicher Zeitzeuge. Seine Anekdoten, sein Witz und seine Bereitschaft, auch persönliches mit den Zuhörern zu teilen, machen das Gespräch kurzweilig und – trotz der ernsten Themen – bisweilen auch unterhaltsam. Besonders beindruckt hat uns seine lebhafte Schilderung der Tage, in denen er sich vor den „Kettenhunden“ verstecken musste. Die ständige Angst entdeckt zu werden und die Hilflosigkeit der Lage, in der er sich befand, wurden durch seinen Bericht deutlich.

Auch den Erfindungsreichtum, den er bei seinem Versuch wehrmachtstypischen Aufgaben zu entfliehen, an den Tag legte, zeigte wie wichtig es ihm war, keine Menschen verletzen zu müssen, was wir beide beeindruckend fanden.

Einen Vormittag lang den Erfahrungen von Peter Petersen zuzuhören vermittelt lebendige Geschichte näher und direkter, als es Schulbücher können. Es macht die Vergangenheit greifbar und ist eine sehr lehrreiche Erfahrung. Wir bedanken uns für das Zeitzeugengespräch uns wünschen noch vielen Schülern eine ähnliche Erfahrung.

Bericht der Schülerpraktikanten Liv und David