15.12.2018 Rundbrief

Rundbrief zum Jahreswechsel

Rundbrief zum Jahresende an die Überlebenden des KZ Neuengamme, an Hinterbliebene und Angehörige, an Freundinnen und Freunde der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

auch in diesem Jahr möchte ich Sie mit einem Brief am Jahresende persönlich ansprechen, Ihnen für Ihre Unterstützung im vergangenen Jahr danken, einen Rückblick darüber geben, welche Themen die KZ-Gedenkstätte im vergangenen Jahr beschäftigt haben, aber vor allem auch, um Ihnen gute Wün­sche für das kommende Jahr zukommen zu lassen.

Wie relevant die Beschäftigung mit der NS-Vergangenheit nach wie vor ist, wie wichtig es ist, aufklä­rend und mahnend in die Öffentlichkeit zu wirken, zeigt die weiter wachsende Stärke rechtspopulisti­scher Bewegungen. Diese vertreten nicht nur offen geschichtsrevisionistische Meinungen, sondern greifen die Erinnerungskultur generell an. Es bedarf gerade jetzt einer Stärkung der Erinnerungs- und der respektvollen Diskussionskultur, es bedarf öffentlicher Aufmerksamkeit, und es braucht Internatio­nalität statt Nationalismus und Integration statt Spaltung. Wir gehen mit einer steigenden Nachfrage vor allem von Schulen nach unseren pädagogischen Formaten, unseren Gesprächs- und Rechercheseminaren, dem Forum „Zukunft der Erinnerung“ oder dem Projekt „Reflections on Family History Affected by Nazi Crimes“, mit unser Präsenz in den sozialen Medien und mit unseren vielfältigen Veranstaltungen weiter auf dem Weg des Dialogs und der Information. Dem Rechtspopu­lismus zu begegnen, scheint mir die größte Herausforderung zu sein, vor der wir gegenwärtig stehen.

Immer wieder neue Angebote zu machen und neue Wege zu gehen, ist uns wichtig. Sei es bei der Initiierung gedenkstättenübergreifender Aktionen im sozialen Netzwerk Twitter oder bei der Entwicklung von pädagogischen Angeboten für neue Zielgruppen. Neu in diesem Jahr entwickelte Bildungsmaterialien zu Verflechtungen zwischen kolonialem und rassistischem Denken und Handeln im Nationalsozialismus legen den Schwerpunkt auf Diskriminierungs- und Verfolgungserfahrungen. Viel Interesse erfahren unsere Angebote von Rundfahrten und Rundgängen zu Orten, an denen von Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialismus berichtet wird. Dieses Wirken in die Öffentlichkeit setzen wir auch weiter fort.

Unsere Besucherinnen und Besucher reisen aus vielen Ländern an, die meisten Einzelbesucherin­nen und -besucher kommen nicht aus Deutschland. Deswegen bieten wir unsere Informationsflyer mittlerweile in 14 Sprachen an, und unsere Guides können Führungen in 15 verschiedenen Sprachen von Englisch über Italienisch bis Farsi geben. In diesem Jahr unterstützen uns eine Belarussin und ein Palästinenser als Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Unser diesjähriges inter­nationales Sommercamp hatte 22 Teilnehmende aus Aserbaidschan, Deutschland, Japan, Mexiko, den Philippinen, Portugal, Russland, der Schweiz, Spanien, der Türkei, der Ukraine und Vietnam – gemeinsam erarbeiteten  sie eine kleine mehrsprachige Ausstellung, die jetzt am ehema­ligen Bunker der SS auf dem Gelände der Gedenkstätte zu sehen ist.

Den Auftakt der in diesem Jahr gezeigten Sonderausstellungen bildete zu Jahresbeginn im Ham­burger Rathaus die Ausstellung „Rund um die Alster. Hamburger Geschichte im Nationalsozialismus“. Auf den 48 Tafeln und im umfangreichen Begleitprogramm ging es um Machtausübung, Opportunis­mus und Protest, um resistentes Verhalten und Widerstand, um Architektur- und Industriegeschichte, Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit. Große mediale Aufmerksamkeit erhielt im Februar die Eröffnung der Ralph-Giordano-Bibliothek. 3300 Bücher aus der Handbibliothek des Hamburger Schriftstellers Ralph Giordano werden nun in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme gezeigt. Sie und die Bücher aus dem Nachlass des ehemaligen politischen KZ-Häftlings Fritz Bringmann sind in einem gesonderten Raum über der Lernwerkstatt des „Offenen Archivs“ zugänglich.

Im Frühjahr folgten die Ausstellungen „Koloniales und rassistisches Denken und Handeln im National­sozialismus“ und „Im Schatten von Auschwitz“, letztere mit Fotografien von Mark Mühlhaus von eher unbekannten Mordstätten des nationalsozialistischen Deutschland in Osteuropa. Im Sommer präsentierten wir zum 75. Jahrestag der Luftangriffe auf Hamburg 1943 im Mahnmal St. Nikolai eine in den Medien viel beachtete Ausstellung mit dem Titel „Vor uns lagen nur Trümmer". KZ-Häftlinge im Einsatz nach der „Operation Gomorrha“. Dieses Thema wird auch in unserer kommenden Rathausausstellung „Eine Stadt und ihr KZ. Häftlinge des KZ Neuengamme im Hamburger Kriegsalltag 1943–1945“ aufgegrif­fen, mit der wir zum 20. Mal auf Einladung der Bürgerschaft uns zu den Gedenkveranstaltungen rund um den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2019 einbringen.

Am 1. November hat das Projektteam denk.mal Hannoverscher Bahnhof in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit vier neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seine Arbeit aufgenommen. Es wird das neue Dokumentationszentrum vorbereiten, das ab 2021 in Hamburgs „HafenCity“ ein wichtiger Ort sein wird, um sich mit der NS-Vergangenheit der Stadt zu befassen.

Auch in diesem Jahr mussten wir uns von Menschen verabschieden, die als Häftlinge des KZ Neuengamme überlebten und die Arbeit der Gedenkstätte lange Jahre unterstützten, darunter Dagmar Lieblová, Hana Weingarten und Wim Aloserij. Sie fehlen uns.

Für die Unterstützung, die wir auch in diesem Jahr erhalten haben, danke ich Ihnen sehr und wünsche Ihnen im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen besinnlichen Jahresausklang und ein gesundes, friedliches neues Jahr,

Ihr Detlef Garbe

 

Rundbrief zum Jahresende

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Rundbrev i anledning af årets afslutning

Nieuwsbrief bij het einde van het jaar