10.04.2015 Bericht

Zum Tod von Steffi Wittenberg

Am 26. März 2015 starb Steffi Wittenberg im Alter von 89 Jahren.

Steffi Wittenberg erlebte als Kind in den 1930er-Jahren in Hamburg die Ausgrenzungen und Diffamierungen der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten. Ihrem Vater und ihrem Bruder gelang im Oktober 1938 die „Auswanderung“ (Flucht) nach Montevideo/Uruguay – wenige Tage vor der Reichspogromnacht im November 1938. Eigentlich sollten Steffi und ihre Mutter im Dezember 1938 folgen, doch das Visum wurde für ungültig erklärt. Intensive Bemühungen des Vaters führten schließlich zum Erfolg: sie konnten im Dezember 1939, nach Kriegsbeginn, ebenfalls nach Uruguay fahren. Während der acht Jahre Aufenthalt in Uruguay lernte Steffi Wittenberg ihren späteren Mann Kurt kennen, der dort antifaschistisch sehr aktiv war. 1948 heirateten sie und kehrten 1951 nach Deutschland zurück – nach Hamburg, Steffis Geburtsstadt.

Nach ihrer Rückkehr setzten sie und ihr Mann sich jahrzehntelang für eine bessere Gesellschaft, die Erinnerung an das NS-Unrecht und ein lebendiges Gedenken ein. Mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme war Steffi Wittenberg über viele Jahre freundschaftlich verbunden. Dazu trug zunächst in besonderer Weise die enge Freundschaft zu Überlebenden des KZ Neuengamme bei, die sich in Hamburg in den ersten Nachkriegsjahrzehnten oft erfolglos darum bemühten, dass die Stadt zur Kenntnis nahm, welche Massenverbrechen sich in Neuengamme zugetragen hatten.  Regelmäßig sprach Steffi Wittenberg mit SchülerInnen über das Schicksal ihrer Familie und ihren Kampf gegen das Vergessen. Den Blick zurück zu lenken, um die Gegenwart besser erkennen und die Zukunft humaner gestalten zu können, das war der Kern ihrer Erinnerungsarbeit, die 2010 von ver.di mit der Verleihung der Herbert-Wehner-Medaille geehrt wurde. Mit ihrer klaren Stimme von unverkennbar hamburgischer Herkunft erhob sie das Wort gegen Neonazis, stritt für die Opfer der lateinamerikanischen Diktaturen, und engagierte sich unter Berufung auf ihr eigenes Fluchtschicksal für die Flüchtlinge unserer Tage.