26.02.2015 Nachricht

Anklage gegen einen auch im KZ Neuengamme eingesetzten SS-Mann erhoben

70 Jahre nach Kriegsende wird Anklage gegen einen auch im KZ Neuengamme eingesetzten ehemaligen SS-Sanitätsdienstgrad erhoben. Gegenstand des Verfahrens ist der Vorwurf der Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 Fällen, die in Auschwitz-Birkenau im August/September 1944 verübt wurden. Das Archiv der KZ-Gedenkstätte hat die hier vorliegenden (geringen) Kenntnisse und (wenigen) Unterlagen dem Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung gestellt.

Hubert Ernst Z. wurde erstmals Ende 1942 als SS-Sanitätsdienstgrad in das KZ Neuengamme versetzt. 1945 gehörte Z. dann erneut zum Kommandanturstab im KZ Neuengamme. Im Vierteljahresbericht des SS-Standortarztes Trzebinski vom 29. März 1945 wird der SS-Unterscharführer Z. als zuständiger Sanitätsdienstgrad für die Kommando A II [Porta Westfalica-Barkhausen], Kommando A III [Helmstedt-Beendorf] und Hammerwerke Porta [Porta Westfalica “Hammerwerke”] genannt. Ein „Detention Report“ aus dem britischen Nationalarchiv belegt, dass Z.  bis zum Kriegsende zum Personal des KZ Neuengamme zählte. Zuletzt war er in der SS-Kampfgruppe „Weber“ eingesetzt, die noch am 26. April 1945 im geräumten Häftlingslager des KZ Neuengamme untergebracht war und am 29. April 1945 in Richtung Bad Segeberg in Marsch gesetzt wurde.  

Detlef Garbe, Direktor der KZ-Gedenkstätte Neuengamme: „Auch wenn angesichts des sehr hohen Alters die Verhandlungsfähigkeit des 94-Jährigen fraglich ist und natürlich generell zu problematisieren ist, ob eine solche Strafverfolgung heute nach dem weitgehenden Scheitern der justiziellen Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den Nachkriegsjahrzehnten nicht als öffentliche Ersatzhandlung unter veränderten Zeitumständen zweifelhaft ist, so gilt andererseits zu würdigen, dass die Staatsanwaltschaft ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommt und die nicht verjährbaren Mordtaten einer strafrechtlichen Untersuchung unterwirft. Auch das späte Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit ist eine Respektbekundung gegenüber den Opfern.“

Link zum Artikel in der Zeitschrift Spiegel

 

Update (25.6.2015)

Wie das Landgericht Neubrandenburg am 22. Juni 2015 mitteilte, kommt es nicht zum Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen KZ-Sanitäter aus Mecklenburg-Vorpommern, da der 94-Jährige an Altersdemenz leide, die bei ihm zu ausgeprägten kognitiven Einschränkungen führte.

Link zum Artikel des NDR