18.07.2019 Bericht

Inklusiver Workshop "Hamburg-Theresienstadt"

Vom 7. bis 12. Juli 2019 fand der inklusive Workshop "Hamburg-Theresienstadt" mit jungen Menschen mit und ohne Handicap statt. Die deutsch-tschechische-inklusive Begegnung ist Teil mehrerer internationaler Workshops, die das Ausstellungsteam denk.mal Hannoverscher Bahnhof initiiert und durchführt. Während der Workshops erarbeiten die Teilnehmenden verschiedene Produkte für die kommende Ausstellung des Dokumentationszentrums denk.mal Hannoverscher Bahnhof. Sie knüpfen damit an bereits stattgefundene Jugendpartizipationsprojekte der vergangenen Jahre an.

Der deutsch-tschechische Workshop fand kurz vor dem 77. Jahrestag der ersten zwei Deportationen von Hamburg nach Theresienstadt statt. Unter den Teilnehmenden des Workshops waren Mitarbeitende der Elbe-Werkstätten Ost, die die Cafeteria der KZ-Gedenkstätte Neuengamme betreiben, sowie weitere junge Menschen aus Deutschland und Tschechien.

Die ersten zwei Tage beschäftigten sich die Workshop-Teilnehmenden mit dem historischen Ort des ehemaligen Hannoverschen Bahnhofs und der Geschichte des Nationalsozialismus im Allgemeinen. Historische Ereignisse wurden zeitlich eingeordnet, den Inhalten wurde sich im Gespräch genähert. "Deportation" und weitere komplizierte Begriffe wurden gemeinsam definiert. Außerdem sahen sich die jungen Menschen das Theaterstück "Das ist Esther" vom Thalia-Theater an. Das Stück handelt über die jüdische Holocaust-Überlebende Esther Bauer aus Hamburg. Esther Bauer wurde 1942 über den Hannoverschen Bahnhof in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Die beiden Orte – Hamburg und Theresienstadt – konnten so eindrucksvoll durch die Biografie einer Hamburger Jüdin verknüpft werden. Durch Rundgänge und Ausstellungsbesuche mit der Möglichkeit, individuelle Themenschwerpunkte zu setzen, wurde die Auseinandersetzung mit der Geschichte während des Workshops vertieft. Im Mittelpunkt standen die Interessen der Teilnehmenden und deren Blicke auf die Vergangenheit sowie die heutigen Orte. In Theresienstadt beschäftigten sich die Teilnehmenden u.a. mit Helga Hošková-Weissová, einer Theresienstadt-Überlebenden, die einen sehr ähnlichen Verfolgungsweg hatte wie Esther Bauer. Beide wurden von Theresienstadt nach Auschwitz und von dort ins Flossenbürger Außenlager Freiberg verschleppt.

Die Workshop-Teilnehmenden wurden auch kreativ tätig. Von der Fotografin Kati Jurischka lernten sie, was ein gutes Foto ausmacht, wie verschiedene Bildgestaltungstechniken anzuwenden sind und wie sie unterschiedliche Wirkungen beim Betrachtenden erzielen können. Am "denk.mal Hannoverscher Bahnhof" wurde in Teamarbeit fotografiert, um zu zeigen, dass trotz ähnlicher Motivwahl sehr unterschiedliche Aufnahmen entstehen können. In Theresienstadt haben die Teilnehmenden Bleistiftzeichnungen angefertigt, auch hier wurden die individuellen Perspektiven auf den Ort sichtbar. Während eines Rundgangs durch das ehemalige Ghettogelände und des Besuchs des Ghetto-Museums wurde erneut fotografiert. Eine Auswahl der entstandenen Fotos wird in ein paar Wochen in der Cafeteria der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu sehen sein. Auch in der kommenden Dauerausstellung des Dokumentationszentrums Hannoverscher Bahnhof werden Fotos der Teilnehmenden einbezogen. Darüber hinaus wurde der Workshop von Simon Grosser professionell mit Videokamera begleitet. Der fertige Dokumentarfilm wird online verfügbar gemacht und ebenfalls einen Platz in der Dauerausstellung des Dokumentationszentrums erhalten.

In einem moderierten Abschlussgespräch ließen alle Beteiligten die Workshop-Tage Revue passieren. Dazu gehörte auch die Frage, warum sich Menschen heute mit der Geschichte der nationalsozialistischen Verbrechen und den Schicksalen der Betroffenen beschäftigen sollten. So wurde auch über aktuelle Formen von Diskriminierung, wie etwa von Menschen mit Behinderung, über Antisemitismus, Rassismus und Homophobie gesprochen. Die Workshop-Teilnehmenden betonten den respektvollen Umgang miteinander sowie die umsichtige Organisation, wodurch das gemeinsame Lernen in der Gruppe möglich wurde und Spaß machte.

Auch künftig sind Workshops mit jungen Menschen geplant. Sie werden sich mit weiteren Zielorten der Deportationen aus Hamburg beschäftigen. Der nächste Workshop wird im Herbst Studierende verschiedener Fachrichtungen nach Riga und Stutthof führen, im Oktober führt ein weiterer Workshop Schülerinnen und Schüler nach Lodz, Kulmhof und Auschwitz.

Bericht von Nathalie Döpken/Sarah Grandke

"I have to say that I am very glad that I could be a member of this project. Actually before I went to Hamburg I was not really sure what I can expect, but there were only good surprises.  I cannot say that all the history was new for me, but now I see it definitely from another perspective. Also the trip to Terezin was new for me, even though I am Czech. I learn a lot about how an 'inclusion' can look like, because I have never spent more than one day with disabled people. And also for me personally I gain a lot. First in terms of language, I was practicing my german for days. Secondly due to the foto workshop I could realize that photography used to be my big hobby, so I would really like to start doing it again. Overall thank you so much for the opportunity that you gave to me. I have spent amazing time with all of the participants."

Hana Fikrová (21 Jahre, Prag)

Film zum Projekt